Darüber zu schreiben, worüber gern geschwiegen wird – nichts lieber als das.
Die satirische Website: „Der Postillion“ hat über die landläufig in Schweigen gehüllten, die olfaktorischen Rezeptoren oft herausfordernden Erlebnisse, ein wirklich „schauriges“ Stück verfasst.
https://www.der-postillon.com/2015/09/ekelhaft-landwirt-verteilt.html
Das da allerdings nicht von Urin und Fäzes die Rede ist, sondern von Gülle, auch Jauche genannt, ist nebensächlich – ist Schnullibulli.
Wer bei einem Spaziergang im Urlaub, ungewollt, oder im näheren Umfeld, weil sie nun einmal oft im Grünen an Bächen und Flussläufen angesiedelt sind (der Weiterleitung des „gereinigten“ Wassers wegen), an einer Kläranlage vorbei wandert, weiß was ich meine.
Doch bei unseren Ausscheidungen handelt es sich nicht um Unrat, nach dem Motto: das kann und soll weg, sondern um Dünger. Schlicht und einfach um Dünger. Mit teuer gehandelten Inhaltsstoffen. Darunter Stickstoff, Phosphor, Kalium und Magnesium. Dazu noch einige Spurenstoffe.
Doch wenn von Dünger die Rede ist, reden wir meist von chemisch hergestellten Produkten. Mit einem enormen, einem wirklich beträchtlichen Einsatz an Energie.
Weshalb zur Zeit, aber nicht nur deshalb, auch die Düngemittelpreise gen Himmel schießen.
Selbst Schuld – könnte ich jetzt sagen.
Warum teuer produzieren, wenn die Wertstoffe – um das Ergebnis aus der körpereigenen Energiegewinnung einmal als nützlich und lohnend zu umschreiben – doch als alltäglicher Abfall anfällt. In flüssiger Form manchmal sogar mehrmals täglich.
Noch dazu, was den Urin angeht, Stickstoff liefernd, in für Pflanzen direkt verwertbarer Form.
Doch da bin ich dann schon am Kernpunkt des Geschehens. Der Vermischung. Die für unsere Augen oft unsichtbar erfolgt.
Wir pinkeln in die Toilettenschüssel. Ziehen oder drücken den Abzug. Und schon rauscht der verdünnte Saft durch Röhren und Tunnel gen Kläranlage.
Verquirlt sich unterwegs oder spätestens am Zielort angelangt, mit allerlei Reststoffen. Besonders dem Fäzes, dem Exkrement, im Alltag gern, etwas derb, Kacke oder Scheiße genannt.
Gar nicht so selten, findet die Vermischung allerdings schon in der Kloschüssel statt. Achten sie mal darauf. Denn immer dann, wenn das geschieht, schaffen wir schon ein Verwertungsproblem.
Und in dem Zusammenhang lässt sich auch fragen, warum Gott bei uns Menschen, und vielen anderen Lebewesen, zwei Ausgänge konzipiert hat?
Doch wohl in weiser Voraussicht. Nämlich der Vermeidung der Vermischung.
Die nur Probleme schafft, auch olfaktorische, wo eigentlich keine sein müssten.
Denn in ursprünglicher, ungemischter Form sind unsere Ausscheidungen gut verwertbar. Beim Fäzes durch Kompostierung. Die bestens gelingt, wenn mittels eifrig schaffender anaerober Bakterienstämme einige Wochen bearbeitet. Und das möglichst unter Luftabschluss. Effektive Mikroorganismen (EM) heißt das Zauberwort. Fleißige Arbeiter, die in Zusammenarbeit mit Biokohle, Holzspänen oder diverser anderer Stoffe für eine hygienische und geruchsfreie Verarbeitung sorgen. Was auch beim Urin gelingt. Wobei der verwendete Anteil an die Feuchtigkeit aufsaugenden Zusatzstoffen beträchtlich sein können. Für wenige Tage lässt sich der Urin, unter Hinzufügung von EM und weitgehend von Atemluft abgeschlossen, lagern. Eine zügige Verwendung ist jedoch vorzuziehen.
Wer etwas Zeit mitbringt sollte sich auch das Video von Marko Heckel anschauen, der sehr detailreich und informativ über das Thema Urin und Fäzes spricht. Das er dabei Eigenwerbung betreibt, sei ihm, angesichts seines Engagements für die Thematik, verziehen.
Wir reden allerdings üblicherweise erst dann von Hygiene und Sauberkeit wenn wir die Wasserspülung der Toiletten betätigen. Fügen dabei gern chemische Mittel hinzu. Desinfektion ist das Zauberwort. Ganze Industriezweige leben davon.
Aber auch Werbefirmen, die für alle nur möglichen chemischen Mittelchen werben. Besonders gern mit dem Attribut biologisch abbaubar.
All das nennt sich Fortschritt.
Der genau genommen, wohl eher Fehltritt genannt werden sollte.
Begonnen hatte der, mit der Entscheidung, der Humus- oder Komposttoilette, deren Einführung in Städten bereits Mitte des neunzehnten Jahrhunderts diskutiert wurde, keine Chance zu geben.
Mitverantwortlich dafür war sicherlich auch die Entdeckung des „Haber-Bosch-Verfahrens“ zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Das noch immer die Grundlage für die Düngemittelindustrie bildet.
https://www.heise.de/hintergrund/Die-revolutionaere-Kraft-des-Pissoirgestanks-763137.html
Das die Düngemittelhersteller, die Dünger nach dem neuen Verfahren herstellten, einem Mitbewerber gegenüber, noch dazu einem der mit „natürlicher“ Herstellung punkten konnte, verständlicherweise nicht besonders wohlgesonnen waren und auch noch nicht sind, versteht sich von selbst. Bedrohte und bedroht das doch die Verbreitung ihres Produkts und damit die Rendite.
So setzte sich schließlich, mit der Aussicht auf mehr Arbeitsplätze, angeblich besserer landwirtschaftlicher Erträge und noch dazu guter Renditen, ohne großen Widerstand, die Wassertoilette durch.
Angereichert mit dem Versprechen, sie seien besonders hygienisch. Woran auch heute noch viele Bürger glauben.
Da ist werbetechnisch ganze Arbeit geleistet worden.
Im eigenen Umfeld, dem Gäste-WC oder dem Badezimmer mag das ja noch zutreffen. Im angeschlossenen Rohr- und Kanalsystemsystem der Häuser, Städte und Gemeinden sieht das dann schon ganz anders aus.
Wie so oft: aus den Augen aus dem Sinn.
Doch damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Nein. Nein.
Der nächste Verarbeitungsschritt findet in der Kläranlage statt. Dort wird mit diversen chemischen und biologischen Verfahren, dem wahrlich widerlichen Cocktail zu Leibe gerückt, der sich aus allem zusammensetzt was unsererseits in die Toilettenschüssel gegeben wurde. Reinigung genannt. Zumindest derart, das die Bäche und Flüsse, die dann mit den bearbeiteten Abwässern angereichert werden, nicht biologisch umkippen.
Ein Los, das viele hiesige Flüsse noch bis in die achtziger Jahre hinein, erleiden mussten.
Und das alles findet sich ähnlich in allen angeblich modernen westlichen Staaten.
Als Kontrast mal ein Blick in die „dritte“ Welt.
https://www.youtube.com/watch?v=VVzFeRRHhgI
Außerdem: geschätzt ein Drittel des wertvollen Trinkwassers wird beim Einsatz des Wasserklosetts für die Kanalspülung verwendet. Was für eine Verschwendung. Erst recht in den „weniger entwickelten“ Ländern.
Fazit: trotz aller Bemühungen weltweit – gelöst sind die Entsorgungsprobleme noch immer nicht.
Und die Frage: wohin mit dem Klärschlamm? – ist auch noch offen.
Seit 2017 darf er in unserem Land eigentlich nicht mehr auf die Äcker ausgebracht werden.
https://schrotundkorn.de/umwelt/klaerschlamm-auf-den-acker
Wenn der Bürger all die Kosten, die bei der Entsorgung der Fäkalien direkt und indirekt entstehen, direkt tragen müsste, gäbe es sicherlich einen allgemeinen Aufschrei.
Versteckt in Steuern und Abgaben wird es toleriert.
Das all die vorgenannten Schritte, Toilettenbau und -installation, Produktion und Einbau des Kanalsystems und die Erstellung von Kläranlagen mittels schwerer Baumaschinen, um nur das offensichtliche zu nennen, nur dank preiswerter Energie möglich wurden – durch die Verbrennung von Kohle, Öl, und heutzutage vermehrt von Erdgas – wird auch gern verschwiegen.
Damit sind wir beim Thema Energie angelangt – dem neben der Sucht nach Geld und Rendite, zumindest ebenbürtigen Suchtstoff der Industriegesellschaft.
Dazu dann im nächsten Beitrag mehr.
In zwei, vielleicht drei weiteren Beiträgen, irgendwann in den nächsten Monaten, werde ich das Thema Humustoiletten genauer beleuchten. Werde dabei auch detailliert die Gründe darlegen, die für ein Trennsystem von Urin und Fäzes sprechen. Und wie sich das praktisch umsetzen lässt.
Zum Schluss des Artikels noch eine kurze Frage. Warum ist das ausbringen von menschlichem Urin (natürlich in Wasser verdünnt) und kompostiertem Fäzes in der gewerblichen Landwirtschaft, darunter auch dem Obst- und Gemüseanbau, verboten? Ja weshalb?
Hygienische Bedenken oder andere Gesundheitsgefahren können es, bei sachgemäßer Anwendung und nach derzeitigem Wissensstand, jedenfalls nicht sein.