Die Hände in Unschuld waschen

Tun wir das nicht alle. Mal mehr, mal weniger.

Ja, ja. Immer gibt es Gründe, warum wir – nein genauer – jeder Einzelne von uns, sich unbeteiligt gibt. Abstreitet, an Geschehnissen Schuld zu tragen. Und sei es auch nur eine klitzekleine.

Doch hin und wieder beschleicht uns, trotz aller Unschuldsbeteuerung, leiser Zweifel.

Okay. Okay. Um das ganze etwas einzugrenzen und dem Gewissen nicht allzu viel zuzumuten, werfe ich den Blick hier und heute nur auf unseren Umgang, mit all dem, was übrig bleibt.

Und das ist zweifellos eine ganze Menge.

Für die meisten von uns gilt da wohl die Losung: aus dem Auge, aus dem Sinn.

Zu den gelben Säcken, gesellen sich, je nach Wohnort, auch mal graue, blaue, braune Tonnen, oder statt Plastiksäcken auch mal gelbe, die regelmäßig entleert werden.

So verschwindet der Alltagsmüll aus unserem Blickfeld.

Mit Sondermüll, üblicherweise Farben und Lacke, Elektrogeräte, Altbatterien und diverse andere Müllsorten, deren Spezifikation bei örtlichen Entsorgern des Abfalls genauestens erfragbar sind, verhält es sich schon ein wenig anders.

Da muss ich als Kunde üblicherweise selbst tätig werden. Muss Abholtermine vereinbaren oder den Sondermüll eigenständig zu zentralen Verwertungsstellen liefern.

Und wir alle halten uns eigentlich auch an all die Vorgaben. Was uns, im Alltag, das Gefühl der Redlichkeit verleiht.

Aber dazu, ein großes, ein großes, aber.

Nur deshalb, weil der Müll für uns danach unsichtbar wird, ist er nicht verschwunden, sondern wird nur an einen anderen Ort verbracht. An einen Ort, von dem wir annehmen, dass der mühsam getrennte Müll dort verwertet wird.

Recycling, Rohstoffrückgewinnung, heißt das Zauberwort.

Dass das auch geschieht, wird uns immer gern erzählt. Nur sieht die Wirklichkeit anders aus. Ganz anders. Und von einer Kreislaufwirtschaft, wovon unsere Politiker gern schwafeln, sind wir weit, weit – sehr weit entfernt.

Wie eine „Elektroschrottdeponie“, genannt Sodom, in Ghana zeigt.

https://www.youtube.com/watch?v=zF_8HwaLY_4

Auch ein Blick auf Thilafushi, eine Insel in direkter Nähe von Male, der Hauptstadt der Malediven, ernüchtert. Müll, Müll, Müll. Unmengen. Unsortiert und brennend.

https://www.youtube.com/watch?v=H13S2SHgtcs

Alles weit weg. Also was geht es uns an?

Ernsthaft die Frage? Nein. Aber allein, dass sich die Frage stellt, zeigt doch, wie abgestumpft wir den vielschichtigen Zumutungen der heutigen Zeit gegenüberstehen.

Und wer meint, dass dies nur in „Drittweltstaaten“ ein Thema ist, dem will ich den Zahn gleich ziehen.

https://www.deutschlandfunkkultur.de/altlast-dhuennaue-bayers-giftiges-erbe-100.html

https://www.deutschlandfunkkultur.de/norddeutschlands-groesste-sondermuelldeponie-was-tun-mit-100.html

Warum der Umgang mit Müll ein Thema für alle Menschen ist? Nun, weil er einfach, jeden betrifft. Den einen mehr, den anderen weniger. Aber keinen, gar nicht. Schlicht deshalb, weil er dauerhafte Eingriffe in die Ökologie unseres Planeten bewirkt.

Dazu hat der NDR recherchiert und eine Doku erstellt.

Plastik – die Recycling-Lüge

https://www.youtube.com/watch?v=KD8fcTyjP1E

Das Ergebnis daraus: Müllvermeidung und nicht Müllverwertung müsste an erster Stelle stehen. Doch das Gegenteil ist Realität. Die Produktion von Müll, insbesondere Plastik steigt, weltweit, von Jahr zu Jahr. Und somit auch die Problematik: wohin mit all dem Unrat?

Das Problem ist ungelöst. Wird es wohl auch bleiben, da die wirklichen Kosten einer der Natur verträglichen Entsorgung, die Kosten explodieren ließe. – Wenn sie denn überhaupt möglich ist.

Weshalb mir nur bleibt, die ketzerische Frage zu stellen, ob der Weg, den ein Gutteil der Menschheit, in den letzten Jahrhunderten eingeschlagen hat, den zum Industriezeitalter, nicht ein gigantischer Fehlschlag war? Ein Irrweg, der uns Menschen und vielen anderen Lebewesen, aufgrund der Auswirkungen, mehr und mehr, die Lebensgrundlage entzieht?

Dabei ist die Müllverwertung nur ein Problem unter vielen, vielen anderen, die uns die Industriegesellschaft, mitsamt ihrem zerstörerischen Zinssystem, der Ökologie auferlegt.

Wäre es nicht an der Zeit sich einzugestehen, dass die Menschheit sich auf einen abschüssigen Pfad begeben hat. Einen, der ins Dunkel führt. In ein Zeitalter der Selbstzerstörung. Getrieben von Fortschrittswahn und der Gier nach Geld. Nach immer mehr Geld. Und auch der nach Macht, die damit einhergeht.

Hat der „Fortschritt“ dem westlichen Durchschnittsbürger in den letzten Jahrzehnten tatsächlich mehr Lebensqualität verschafft? Mehr Freiraum. Mehr Muße? Mehr Zufriedenheit?

Wie verhält es sich mit den Durchschnittsbürgern der sogenannten „dritten Welt“? Sind sie Profiteure des Industriezeitalters?

Und was ist mit all den vielen Armen in der Welt? Inzwischen Milliarden an der Zahl. Was ist mit Ihnen?

Wo ist Ihre Würde geblieben? Und wo Ihr Anteil am sogenannten Wohlstand?

Wer meint, es hätte für die Menschheit im Laufe der letzten Jahrhunderte wirklichen Fortschritt gegeben, sollte sich mal wieder in Geschichtsbücher vertiefen. Ausbeutung. Sklaverei. Kriege. Alles schon mal dagewesen. Und immer war es eine kleine Schicht von Adeligen, Herrschaften oder Geldsäcken, die über das Wohl der „Niedrigen“ bestimmten.

Insofern, nichts Neues unter der Sonne.

Dass das Modell des „westlichen Wohlstandes“ kein Modell für die ganze Welt sein kann, bezweifeln, angesichts der dann nötigen Ressourcen, nicht einmal mehr dessen Befürworter.

Wohin also soll es gehen?

Gemeinsam vereint im Glauben an das Zinsgeld und den Fortschritt – bis zum bitteren Ende?

Oder stattdessen, das Eingeständnis, sich auf einem Irrweg zu befinden?

Für all diejenigen, die es weniger dualistisch und drastisch mögen. Dazwischen gibt es leider nicht wirklich etwas. Außer das Leiden aller zu verlängern.

Wollen Sie das? – Wirklich?

Warum sollte ein Leben mit weniger „Annehmlichkeiten“ ein schlechtes sein? Waren unsere Vorfahren mit ihrem Leben alle unzufrieden? Haben sie nie gelacht? Nie gefeiert? Nie geliebt?

Warum haben sie, wenn doch angeblich alles so schlimm war, überhaupt Kinder in die Welt gesetzt?

Fragen über Fragen.

Jedoch, es ist ganz eindeutig. Eine Postwachstumsgesellschaft, die die Probleme löst, wird es mit dem Zinsgeld nicht geben.

Mit ihm auf Dauer aber auch kein weiteres volkswirtschaftliches Wachstum.

Also, noch einmal die Frage: wohin soll es gehen?

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